Handwerk und Digitalisierung – Ein Bloggespräch mit Christoph Krause

Von meinem heutigen Gesprächspartner hörte ich bewusst das erste Mal im Zusammenhang mit dem Barcamp Koblenz, dessen Mitveranstalter er ist. Als er mir dann kürzlich auch als Fachmann für Handwerk und Digitalisierung auffiel, habe ich ihn gefragt, ob er mit mir ein Bloggespräch dazu führen möchte. Er sagte ja und los geht’s:

Annette Schwindt gezeichnet von tutticonfetti

Hallo, Christoph! Es freut mich, dass Du in meiner Reihe mitmachst! Das Thema Handwerk und Digitalisierung ist ja richtig spannend, weil es da gerade bei den kleineren Unternehmen noch so viel zu bewegen gibt. Manche haben ja noch nicht mal vernünftige Websites, geschweige denn irgendwelche digitalisierten Abläufe. Wie bist Du überhaupt zu diesem Themenbereich gekommen?

Vom Design zum Handwerk

Christoph Krause fotografier von Manolito Röhr

Hi Annette! Eine tolle Idee mit Deiner Blogreihe interessante Menschen gemeinsam ins Gespräch zu bringen. Da mache ich natürlich gerne mit. Ja wie kommt man nun eigentlich als Designer ins Handwerk? Das lag an meinem Mentor Prof. Axel Kufus an der Bauhaus-Universität Weimar. Er ahnte schon zur Jahrtausendwende welche Chancen im digitalen Handwerk schlummern würden. Wir durften uns schon damals als Studenten in digitalen Werkstätten austoben und komplexe Systeme völlig neu denken. 

Heute nennt man es Design Thinking. Es ist die Methode, um aus bekannten Welten Dinge zu extrahieren und zu neuen Systemen zusammenzusetzen. Ein kreatives Handwerkszeug also, welches die Grundlage zukünftiger Arbeit kennzeichnen wird. Wenn digitale Assistenzsysteme unsere Standardaufgaben immer weiter übernehmen werden, werden wir mehr denn je die Erdenker und Verbesserer der Systeme selbst. Das heißt jeden Tag Neues zu entdecken, zu gestalten und anzuwenden. Designer sind in diesen Zeiten der digitalen Transformation gefragte Macher für den Wandel. 

Das Handwerk hat mit seinem goldenen Boden ein äußerst gutes Fundament, um Neues zu bauen. Es bietet mit seinen über 130 Gewerken eine spannende Welt voller spannender Prozesse. Das reicht von der digitalen Kommunikation, der Digitalisierung der Prozesse, neuer digitaler Produktion wie dem 3D-Druck, dem Internet der Dinge, bis hin zu komplexen Methoden der künstlichen Intelligenz die dem Handwerk inzwischen als digitale Helfer zur Seite stehen. 

Wo ich hier so schreibe frage ich mich wie diese Entwicklungen neuer Technologien das Handwerk des Journalismus verändert haben und in Zukunft weiter verändern werden? Was meinst du könnte das Handwerk hier lernen?

Keine Zeit für digitale Kommunikation?

Annette Schwindt gezeichnet von tutticonfetti

Bis auf einige Gastartikel in Online-Magazinen oder Blogs bin ich ja nur noch selten journalistisch tätig. Mein Hauptbetätigungsfeld ist die digitale Kommunikation von Projekten und zwar entweder beratend, oder umsetzend und das hauptsächlich für Autoren oder andere Menschen aus dem Kulturbereich oder für kleine Unternehmen. 

In Sachen digitaler Kommunikation ist es generell wichtig, die Menschen hinter einer Sache zu zeigen und deren Geschichte so zu erzählen, dass die Leser/Zuschauer/Zuhörer emotional angesprochen werden und sie miterleben können. Das Ganze muss intuitiv nachvollziehbar sein. Nur dann bekommt man auch die entsprechende Aufmerksamkeit. Egal ob als Journalist, oder als digital kommunizierendes Unternehmen.

Was digitale Technologien für die Arbeitsabläufe angeht, so muss auch hier intuitiv erkennbar sein, wozu sie gut sind und wie sie richtig bedient werden. Allerdings ist die Angst vor dem Neuen meiner Erfahrung nach immer noch ziemlich groß. Dass es auch um einen Kulturwandel geht, kommt dabei gern zu kurz. Das sehe ich jedenfalls oft bei kleinen Unternehmen.

Dass es heute noch Websites gibt, die mobil nicht funktionieren, mit der Begründung, dass der Chef ja kein internetfähiges Handy habe, weswegen man das also überhaupt nicht brauche, schockt mich immer wieder. Ein weiteres Standardargument gegen digitale Kommunikation ist oft, man werde ja über Weiterempfehlung gefunden und hätte so schon genug zu tun, da brauche man kein Internet. Dabei geht es bei Social Media ja gerade um Mundpropaganda, nur eben auf digitalem Weg. 

Eine vernünftig aufgebaute kundenorientierte Website mit intuitiv auffindbaren, problemlos einzeln sharebaren Inhalten ist dafür nun mal die Basis. Daran andocken können dann Shopsysteme, Service via Social Media, Bewertungsmöglichkeiten und gern ein Blog/Newsbereich. Denn hier geht es um Kommunikation (Zuhören, ansprechbar sein, Fragen beantworten, Community abbilden und erweitern, netzwerken), erst in zweiter Linie um Werbung. Das ist meiner Erfahrung nach längst noch nicht überall angekommen. 

Das sicher beliebteste Standardargument lautet: “keine Zeit”. Was antwortest Du, wenn Dir ein Unternehmen damit kommt? Oder gerätst Du gar nicht erst in die Situation, weil zu Dir nur Menschen kommen, die darüber bereits hinaus sind?

Zeit sparen mit digitalen Schnittstellen

Christoph Krause fotografier von Manolito Röhr

15-35-50 lautet hier mein Fazit aus der Praxis. Im Handwerk haben wir über 15% Vordenker und digitale Macher. Diese arbeiten bereits an der Umsetzung komplexer digitaler Services, Geschäftsprozesse und neuen Technologien. 35% sind aktuell mit der Umsetzung der Prozessdigitalisierung beschäftigt. Und 50% messen dem Thema aktuell noch nicht die allzu große Bedeutung zu. 

Hier täuscht der Markt. Das Handwerk hat aktuell gerade, was die Bauberufe angeht mit Vollauslastung zu kämpfen. Genau diese Gruppe wird natürlich antworten: Website? Ach lassen Sie mal. Ich würde gern weniger Aufträge und mehr Zeit haben. Ich antworte da immer klar und deutlich mit konkreten Beispielen aus unserem Portfolio. Wer aus den vielen Anfragen die gewinnträchtigsten auswählen möchte und viel Zeit sparen möchte, der kommt nicht umhin, seine Prozesskette zu automatisieren. Dazu braucht es Daten. Und um diese zu sammeln braucht es digitale Schnittstellen. 

Da fällt mit der Sanierungsrechner ein, den das Dachhandwerk umgesetzt hat. Über dieses Websiten-Tool können Anfragen vorqualifiziert werden. Während der Handwerker Handwerk macht oder sich seiner Familie widmet, arbeitet der Kunde. In Eigenregie klickt der sich all seine Informationen selbst zusammen. Der Handwerker erhält hierdurch einen wunderbaren Überblick, wer hier überhaupt eine Baustelle umsetzen möchte, die zu diesem Handwerker passt. 

Hier wird die wirkliche Herausforderung der digitalen Transformation für das Handwerk sichtbar. Es muss sich konsequenter um seine Daten kümmern. Wem man mal den Sprung von der Website Richtung intelligenter Geräte macht wird schnell klar wie Daten ganze Geschäftsmodelle ändern. Die Geräte werden gerade intelligent. Die Heizung bestellt den Monteur, das Dach den Dachdecker. Das geschieht gerade. Industrie und Handel ringen aktuell um die Vorherrschaft in digitalen Geschäftsmodellen. Wie heiß dieses Thema ist, zeigt die Schlagzahl der StartUp-Gründungen in diesem Bereich. Fast wöchentlich meldet sich ein neues Team mit einer Idee bei mir. 

Was wir also übergreifend angehen müssen, sind Ökosysteme für die Daten des Handwerks. Hier sollten wir schleunigst vom Denken zum Machen kommen. Im Bereich der digitalen Kommunikation sehen wir ja deutlich, wie sich die Plattformisierung entwickelt hat.

Siehst Du das eher als Gefahr oder als Chance?

Digitalisierung als Arbeitserleichterung

Annette Schwindt gezeichnet von tutticonfetti

Beides. Zum einen ist es natürlich toll für beide Seiten, wenn ich als Kunde schon einiges selbst erledigen kann. Das funktioniert aber nur, wenn die digitalen Tools so ausgereift sind, dass sie alle Eventualitäten mit berücksichtigen. Wenn ich nachher mehr Beratung brauche, oder Dinge übersehen werden, weil das Tool nicht richtig funktioniert, dann ist das kontraproduktiv. 

Mit guten Tools kann ich mir als Kunde einen Überblick verschaffen, was überhaupt möglich ist und mir – hoffentlich – an gezeigten Beispielen Inspiration holen, bevor ich den Handwerker persönlich kontaktiere. Je nach Vorhandensein solcher Möglichkeiten kann ich auch verschiedene Anbieter nach Leistung und Preisen vergleichen, Bewertungen lesen etc. 

Umgekehrt besteht aber auch die Gefahr, dass ich meine Daten verschleudere ohne am Ende als Kunde angenommen zu werden, weil mein Auftrag zu klein ist. Das ist uns vergangenes Jahr in Sachen Badrenovierung passiert. Die erste Firma hat sich nach intensiver Vorbesprechung einfach nicht mehr gemeldet, die zweite sagte uns klipp und klar, dass sie uns, wenn ein befreundeter Handwerker uns nicht empfohlen hätte, gar nicht erst angenommen hätte, weil zu klein. Und da ging es immerhin um einen fünfstelligen Betrag. 

Als wir dann für ein spezielles Problem nach 3D-Druck fragten, ernteten wir nur Fragezeichen. Dabei haben wir gar nicht erwartet, dass die Firma das selbst erledigt. Aber auch als zugekaufte Leistung konnten sie uns das nicht anbieten. Wir mussten schließlich selbst die Lösung für unser Problem auf Basis der vorhandenen Standardmöglichkeiten zusammenschustern. Das Ergebnis funktioniert jetzt zwar, ist aber suboptimal.

Mir als Kunde wäre es also wichtig, dass individuelle Lösungen möglich bleiben/werden, ohne dass ich als Kunde auf der Strecke bleibe und ohne dass die Preise dafür astronomisch steigen, weil die Standardisierung durch Digitalisierung etwas nicht mehr abdeckt.

Ich denke, es kommt auf die richtige Mischung zwischen digitaler Arbeitserleichterung für beide Seiten und persönlichem Service an. Ich möchte weiter Frau Schwindt sein und nicht nur eine Auftragsnummer und auch mit meinen individuellen Bedürfnissen gut bedient werden.

Wie sieht es also mit den Schnittstellen zwischen Technik und Mensch aus? Wann tritt der Mensch in Aktion und wie leicht kann der die Tools überhaupt nutzen?

Kreativität und Mehrwert bieten

Christoph Krause

Das ist ein spannender Gedanke der die Chancen für die Digitalisierung im Handwerk ganz gut trifft. Das Handwerk sollte eben gerade nicht den Standard ermöglichen sondern individuellen Spitzenleistung erbringen. Ob mit oder ohne digitalen Tools ist dabei eigentlich nicht die Frage. Dein Beispiel mit dem angefragten 3D-Druck bringt das auf den Punkt. Nur wer diese Technologien wirklich meisterlich beherrscht ist in der Lage wirkliche Mehrwerte für Kunden zu erbringen. Dazu braucht es Bildung.

Das Beispiel der Tischlerei Bächer Bergmann in Köln zeigt das ganz gut. Sebastian Bächer und sein Team nutzen wie selbstverständlich 5-Achs-Fertigungsmaschinen, Roboter oder Laserschneidanlagen. Doch was diese Tischlerei verlässt, findet man weltweit so eben nicht noch einmal. Die digitalen Macher sind wahre Meister, komplexe Freiformflächen in Möbeln und Installationen umzusetzen. Das ist für mich echtes digitales Handwerk und nicht das Kopieren von industriellen Prozessen. Gelingt uns dies wird auch der Handwerker als Mensch, Begleiter und Berater weiter sehr gefragt sein. 

Was es hier braucht, ist die Kreativität als Grundlage des Handwerks neu in den Fokus zu rücken. Der Markt zeigt es bereits. Es wird eine Aufteilung des Handwerks geben: Einige der ganz kleinen Betriebe werden sich zunehmend Plattformlösungen anschließen um der Komplexität der digitalen Schnittstellen zu entkommen. Der gute mittlerer Handwerksbetrieb gerät immer weiter unter Druck wenn er nicht eine absolute Nische besetzt und digitale Kompetenzen in seinem Unternehmen versammelt. Die Betriebe ab 20 Mitarbeiter wachsen gerade stark und schließen sich vermehrt zu Netzwerken zusammen. Sie teilen digitale Lösungen untereinander und bilden bereits mehrere Gewerke für die Kunden ab. 

Auch deine Erfahrungen mit der Nicht-Annahme von Aufträgen möchte ich noch kurz aufgreifen. Die aktuelle Vollauslastung im Handwerk führt tatsächlich gerade zu einer Clusterung von Aufträgen. Besonders kleine Aufträge fallen gerade in diesen Tagen hinten runter. Für die wirtschaftliche Situation im Handwerk könnte sich das zum Problem entwickeln. Industrie und Handel reagieren empfindlich wenn der Vertrieb an der Basis zu bröckeln beginnt. Hier wird es spannend sein, was in Zukunft von deren Seite als Antwort entwickelt wird. 

Ich glaube, eine Lösung für den Handwerker könnte sein, das Matching mit seinen Lieblingskunden durch digitale Kommunikation zu verbessern. Ich merke das an unserer Familienmanufaktur Frl. Diehl Karamell. Was nützen dir 2000 Follower wenn diese nicht zu dir und deinen Produkten passen. Ich bin da immer wieder begeistert, wie unsere Community mit uns mitfiebert und echte Kommunikation auf Augenhöhe lebt. Das hat uns bisher gut durch die Krise getragen. Aber das ist natürlich nicht ganz einfach, eine solche Community aufzubauen und vor allem zu pflegen.

Was wären deine Tips für echte gute digitale Kommunikation im Handwerk?

Tipps für die Kommunikation

Annette Schwindt
  • Basis und Außenposten sinnvoll vernetzen: Eine aus Kundensicht intuitiv nutzbare Website sollte die Basis der digitalen Kommunikation sein. Die entsprechenden Social-Media-Accounts sollten nicht nur durch Namensgebung und Design als dazu gehörig erkennbar sein, sondern auch so miteinander verlinkt, dass ich alles intuitiv finden kann, egal, wo ich einsteige. Man kann niemandem vorschreiben, wo er am liebsten aktiv sein will.
  • Die richtigen Formate wählen: Dem einen liegt Schreiben mehr, dem anderen das Fotografieren, Videos aufnehmen oder Audio. Natürlich verbreiten sich derzeit Videos besser als reine Textbeiträge, aber deswegen sollte man jetzt nicht nur noch Videos posten, v.a. nicht, wenn einem das überhaupt nicht liegt. Zumal sich die Trends, welches Format grade am besten zieht, ständig ändern. Die Mischung macht‘s. Und damit kann man auch die ewige Frage „was soll ich bloß posten?“ durch Aufbereitung eines Themas in mehreren Formaten beantworten. 
  • Selbsterklärende Beiträge: Jeder einzelne Beitrag muss aus sich heraus ohne Vorwissen verständlich sein, da er in der Regel im Newsfeed zwischen Beiträgen anderer Absender wahrgenommen wird und nicht im Umfeld der eigenen Seite. Das gilt nicht nur für Social-Media-Beiträge, sondern auch für die Inhalte der Website, die einzeln sharebar sein sollten. Also Fachsprech vermeiden, sondern sich allgemeinverständlich ausdrücken. (Für Fachbegriffe kann man eine FAQ-Seite anbieten und daraus z.B. eine Serie für Social Media machen)
  • Fragen beantworten und zuhören: Bei digitaler Kommunikation geht es nicht um Werbung, sondern um Menschen und Gespräche, also um Dialog- nicht Monolog-Kommunikation! Das Beantworten und Stellen von Fragen sowie der Erfahrungsaustausch über die angebotenen Produkte und Leistungen stehen im Vordergrund. Digitale Mundpropaganda eben. Beiträge können natürlich durch Werbeanzeigen in ihrer Reichweite unterstützt werden, sollten aber selbst nicht werbend sein, sondern informierend und mit Ansprache, so dass sie zur Interaktion anregen. 
  • Miterlebbar machen: Wo es möglich ist, sollten die Beiträge eine Geschichte erzählen, also Hintergründe zu reinen Fakten liefern, eine Bezugsperson als wiederkehrenden Protagonisten verwenden, emotionale Bezugspunkte bieten. Nur dann werden sie gern gelesen/angeschaut/angehört. Das können Infos zu Materialien sein, oder zum gezeigten Auftrag, eine Meinung des Auftraggebers, das Vorstellen von Mitarbeitern, Projekt-Kollegen aus anderen Gewerken etc.
  • Nicht auf Quantität fokussieren, sondern auf Qualität: 
    • Es kommt nicht darauf an, wieviele Fans/Follower man hat, sondern auf den Interaktionsgrad derer, die man hat. 200 Follower, die regelmäßig interagieren, sind mehr wert als 2000, die nach dem Klick aufs Folgen nichts mehr tun. (Facebook schafft deshalb z.B. die Darstellung der Seitenlikes nach außen ab) 
    • Dasselbe gilt für die Wahl der Plattformen. Lieber nur zwei bespielen, auf denen eine aktive Community aufgebaut und gepflegt werden kann, als auf allen Hochzeiten tanzen zu wollen. Man muss nicht überall aktiv sein. 
  • Ehrlich kommunizieren: Es geht nicht um Hochglanzperfektion, sondern um Menschlichkeit und Gemeinschaft. Deshalb sollte man auf Augenhöhe kommunizieren, erkennbar machen, mit welchem Menschen man da gerade zu tun hat, bei Meinungsverschiedenheiten sachlich bleiben (im Notfall kann man immer noch blocken) und auch zugeben können, wenn man mal einen Fehler gemacht hat, oder etwas nicht sofort beantworten kann. Die dabei entstehende Community trägt einen dann auch durch Krisen. Wichtig ist, dass die Follower wissen, dass sie nicht als Klickvieh angesehen, sondern ernst genommen werden! 

Auf diese Weise kann man nicht nur mit potentiellen und bestehenden Kunden kommunizieren und das Interesse an Aufträgen wecken, sondern auch mit Kollegen netzwerken und Nachwuchs für sich interessieren. Und natürlich sich selbst informieren, indem man anderen folgt und bestimmte Themen beobachtet.

Wie ist da Deine Erfahrung? Zu welchen Zwecken und in welcher Weise nutzen Handwerker die digitale Kommunikation bisher?

Community und Netzwerk pflegen

Christoph Krause fotografier von Manolito Röhr

Aktuell nutzen es noch zu viele als einfach als digitales Schaufenster und vertun somit die Chance eine echte Community aufzubauen. Eine wirkliche Interaktion mit der Zielgruppe findet nur bei den digitalen Vorreitern statt. Wie es besser geht zeigen Beispiele wie das Handwerks-StartUp www.kolorat.de. Das kleine Team eines traditionellen Malerbetriebes lebt die digitale Zukunft im Handwerk. Mit Herz, Seele und den richtigen digitalen Tools. Damals winkten viele Betrachter lächelnd ab, als Monja Weber und Sebastian Alt neben der traditionellen Leistung eine Plattform zur Beratung von privaten Kunden ins Netz stellten. Hier erhalten Kunden Gestaltungstipps und Material vom Profi. Die umgesetzten Projekte posten die Kunden dann auf Instagram. Drei Jahre und 16.000 Instagram-Follower später ist das anfängliche Lächeln dem Stauen gewichen. Hier wurde eine echte digitale Gemeinschaft aus Fans aufgebaut die jeden Tag den authentischen Content liefern. Viele neue Ideen kommen so von den Kunden ins Unternehmen. 

Das digitale Kommunikation noch tiefer greifen kann zeigt die Umsetzung von Julia Kasper. Als Tochter eines erfolgreichen Tischlers hat sie als erste in Deutschland einen komplexen 3D-Konfigurator entwickelt. Über diese digitale Schnittstelle (www.holzgespuer.de) können Kunden vom Sofa aus ihre Möbel gestalten. Dies spart für den Handwerker natürlich sehr viel Zeit. Die Produktdaten für die Herstellung liegen durch dieses Werkzeug bereits komplett digital vor, alle Kundendaten werden vom Kunden selbst erfasst und nicht zuletzt kommt so ein enormer Datenschatz an Wissen zusammen. So kann der Handwerker wieder mehr seiner Berufung nachgehen. 

Zusammenfassend ist zu erkennen das sich durch gute digitale Kommunikation die Zielgruppen des Handwerks enorm erweitern lassen. 

Ein letztes Beispiel möchte ich noch erwähnen, welches die Netzwerkeffekte in der digitalen Kommunikation ganz gut aufzeigt: Inzwischen gibt es eine interessante Gruppe von Micro-Influencern im Handwerk die sehr authentisch auf Instagram über ihre täglichen Abenteuer berichten. Sie haben sich unter dem Hashtag #lustaufhandwerk eine enorme Reichweite aufgebaut. Durch die Möglichkeit, Hashtags zu folgen, erreichen sie so eine sehr große Zielgruppe. Dies ist gerade für das Heranführen von Nachwuchskräften ungemein wichtig. So kamen bisher schon über 100.000 Beiträge zusammen. Eine enorme Leistung abseits der Themen Mode und Körper. 

Du hast es ja schon oben erwähnt. Bei aller Kommunikation sollte die Authentizität im Fokus stehen. Das Kopieren von Inhalten und Themen von den Großen kann hier eher schaden. Ein wunderbares Beispiel wie Authentizität, Humor und gute Kommunikation zusammenspielen können ist der neue Imagefilm vom Fliesenleger Müller. Einfach gut gemacht. 

Nun funktioniert das ja meist nicht ganz alleine. Was ist deine Empfehlung? Wo bekomme ich Hilfe, Anregungen und Kontakt zu den digitalen Machern der Kommunikation?

Den eigenen Ton finden

Annette Schwindt gezeichnet von tutticonfetti

Tolle Beispiele und der Fliesenleger kommt sogar noch aus unserer zweiten Heimat Oldenburg! #HACH 😉 

Ich denke es ist, wie Du schon gesagt hast, wichtig, dass man sie nicht einfach eins zu eins nachzumachen versucht, sondern dass man seinen eigenen Weg und seinen eigenen Ton findet. Inspirieren lassen kann man sich ja von denen, die bereits erfolgreich aktiv sind. Dann sollte ich mich aber fragen: Was macht mich und meinen Betrieb eigentlich aus und wie stellen wir das am besten nach außen dar? Es hat nicht jeder den nordeutsch-trockenen Humor eines Fliesenleger Müller. Wer das dann nur nachmachen versucht, kann nur peinlich rüberkommen. 

Am besten sucht man sich Fachleute aus der digitalen Kommunikation, die einem nicht was verkaufen wollen, sondern die sich wirklich mit einem auseinandersetzen und ehrliches Feedback geben. So jemanden findet man am besten über Empfehlung, auf Barcamps, oder indem man entsprechende Fachblogs und -Magazine liest. So haben wir beide uns ja letztendlich auch gefunden. Ach ja, und uns kann man natürlich auch fragen. 😉

Danke, dass Du dieses Gespräch mit mir geführt hast. Ich finde Deine Beispiele richtig spannend! Hoffen wir, dass sie auch andere inspirieren, sich weiterzuentwickeln. 

Über meinen Gesprächspartner

Christoph Krause fotografier von Manolito Röhr

Handfeste Beispiele aus der Praxis, ein großes Netzwerk und Erfahrung aus weit über 100 Branchen des deutschen Handwerks gepaart mit Macherqualitäten ergibt Christoph Krause. Als Design-Thinker und Digitalisierungsexperte begleitet er im Rahmen des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk Unternehmen auf dem Weg in die digitale Zukunft. www.christophkrause.com

Foto von Christoph: Manolito Röhr
Illustration von Annette: tutticonfetti

In meiner Rubrik „Bloggespräche“ unterhalte ich mich mit einem Gegenüber über ein frei gewähltes Thema wie in einem Mini-Briefwechsel. Wer auch mal so ein Gespräch mit mir führen möchte, findet alle nötigen Infos dazu unter https://www.annetteschwindt.de/bloggespraeche/ und kann sich von dort direkt bei mir melden.

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