Bislang bin ich zwar kein regelmäßiger Podcast-Hörer, habe aber schon mehrfach als Gast oder Co-Host an welchen teilgenommen. Für schwindt-pr hatte ich mal kurz mit der Aufnahmefunktion meines Smartphones und Soundcloud experimentiert, dann aber wieder aufgegeben. Ideen für Podcasts hätte ich genug, nur hätte ich gern jemanden, der mir den Technikkram vom Aufnehmen übers Schneiden bis hin zum Veröffentlichen auf den verschiedenen Plattformen abnimmt. Neulich traf ich dann Benjamin O’Daniel, der schon länger erfolgreich podcastet und wir beschlossen, ein Bloggespräch dazu zu führen. Ich hätte das gern auch als Podcast gemacht, aber Benjamin war mehr fürs Schreiben. So here we go:
Hallo Benjamin und vielen Dank, dass Du bei diesem Bloggespräch mitmachst. Was fasziniert Dich denn so am Podcasten und seit wann machst Du das?
Wir haben im Mai 2017 unsere erste Episode online gestellt. Seitdem veröffentlichen wir jede Woche eine Folge. Ich höre selbst seit vielen Jahren Podcasts – zum Beispiel das Philosophische Radio, den Online Marketing Rockstars Podcast und viele Business Podcasts. Es gibt übrigens auch alle re:publica-Vorträge als Audio-Spur.
Ich finde das Medium einfach großartig. Als Podcast-Hörer taucht man tiefer in Themen ein und kann in Ruhe darüber nachdenken. Für mich ist es das Gegenteil von Snackable Content. Podcasts sind außerdem praktisch: Man kann Podcasts im Auto hören, beim Kochen, beim Einkaufen und beim Socken sortieren 🙂
Welche Podcasts hörst du so – und wie hörst du sie? Über eine App, auf dem Rechner? Regelmäßig oder nur hin und wieder? Was findest du an dem Medium interessant?
Ich höre bisher keinen Podcast regelmäßig. Wenn mir eine Folge über meinen Newsfeed angeschwemmt wird, die interessant klingt, höre ich sie mir an. Meist über den Player, den die Macher auf ihrer Website eingebunden haben. Wenn sie ihren Podcast auch per Soundcloud anbieten, dann auch über die passende App. Da ich ein Android-Smartphone habe, ist iTunes bei mir nicht voreingestellt. Das ging höchstens über meinen iPad, aber da höre ich eher Hörbücher.
Ich bin allerdings ein ungeduldiger Zuhörer. Wenn also die Informationsdichte im Podcast zu niedrig und der Smalltalk-Anteil zu hoch sind, bin ich gleich wieder weg. 😉
Ich kenne mich in der Podcast-Szene aber auch überhaupt nicht aus. Hast Du Tipps für mich und andere, wie man sich einen ersten Überblick über die Podcasts und die Themen da draußen verschaffen kann, so dass man nicht darauf limitiert ist, was einem in den Newsfeed gespült wird? Klar kann ich sowas einfach googlen, aber ich bin sicher, die Podcast-Szene hat da eigene Herangehensweisen, oder?
So wie du Podcasts hörst, macht es die große Mehrheit. Nur 3,8 Prozent hören jede Woche Podcasts, sagt zumindest die ARD-ZDF-Onlinestudie (hier eine Zusammenfassung als PDF dazu). Ich denke, das hat viel mit der Technik zu tun.
Beim iPhone ist die Podcast-App vorinstalliert. Damit kannst du auf Entdeckungstour gehen. Direkt über die Suche oder über Kategorien. Die meisten Podcasts würdest du über Google gar nicht entdecken. Du kannst die Podcasts (kostenlos) abonnieren und die Folgen werden automatisch geladen. Sehr praktisch für unterwegs. Hier mal ein paar Screenshots aus meiner App.
Auch für Android Phones gibt es viele Podcast-Apps. Aber die Apps sind – so weit ich weiß – nicht vorinstalliert. Das ist eine große Hürde. Man muss halt erstmal suchen, entscheiden, downloaden… Im Grunde ist die ganze Podcast-Welt noch im iTunes-Universum gefangen. Das finde ich sehr schade. Das Internet besteht nicht nur aus Apple.
Es gibt übrigens ganz unterschiedliche Podcasts: Journalistische Podcasts über aktuelle Themen. Nerd-Podcasts, in denen stundenlang gelabert wird – wohl eher nichts für dich 😉 Die Business Podcasts (Vertrieb, Marketing etc.) sehe ich als berufliche Weiterbildung per Audioformat.
In der Podcast-Welt ist es ein bisschen wie bei den Self-Publishern auf Amazon: Traditionelle Verlage tummeln sich neben unabhängigen Autorinnen und Autoren. Eine wilde Mischung. In jeder Themenkategorie wie Politik, Wirtschaft, Gesundheit gibt es ganz unterschiedliche Podcaster. Manche sind schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich, andere erst recht frisch dabei – so wie wir. Hinzu kommen unabhängige Podcast Label wie Viertausendhertz und hauseins.
Zu deiner Ungeduld: Ich denke, wenn man heute einen Podcast startet, musst du in Qualität investieren. Pflicht sind: Ein spannendes Thema, ein Redaktionsplan, ordentliche Mikros, eine klare Struktur für die Sendung, ein gutes Intro und Outro.
Als wir uns kürzlich beim Social Media Chat Bonn getroffen haben, hast du mir erzählt, dass du auch überlegst, einen Podcast zu starten. Hast du denn schon eine Themenidee?
Eigentlich mehrere. Ich habe ja diese Kategorie “Bloggespräche” hier. Die als Audio zusätzlich oder alternativ zur Textversion zu haben, wäre bestimmt toll. Außerdem überlege ich mit einer anderen (noch nicht zu verratenden) Person, ob wir nicht regelmäßig Gespräche über Gott und die Welt führen und veröffentlichen wollen. Bisher machen wir das via Sprachnachricht auf Whatsapp nur für uns. Da wäre ein Podcast vielleicht auch geeignet.
Ich selbst hab ja mit der Technik nicht so viele Ansprüche, solange man versteht, was gesagt wird. Deswegen hätte mir die Aufnahme per Smartphone, ohne externes Mikro und Gedöns eigentlich ausgereicht. Aber damit kann ich halt nur mich allein aufnehmen. Du hast mir ja studio-link.de empfohlen. Damit könnte ich dann auch zwei Leute aufnehmen. Das müssen wir jetzt mal ausprobieren.
Wovor es mir halt graust, ist das Schneiden und Verteilen auf die einzelnen Podcast-Netzwerke nachher. Eine GEMA-freie Intromelodie hab ich auch nicht. Das ist mir alles lästig. Mir kommt es auf den Inhalt an. Ob das nachher professionell produziert ist, ist mir ehrlich gesagt egal. Aber gerade den erfahrenen Podcastern ist das sehr wichtig, oder?
Am besten wäre eine Plattform, auf der man seine Aufnahme hochlädt, und die dann ganz intuitiv bedienbar schneiden lässt und ggf noch Intros anbietet. Ich hab fürs Schneiden schon mit Audacity gearbeitet, aber das ist mir noch nicht intuitiv genug. Weißt du was Besseres, das nicht gleich hunderte von Euro kostet?
Ok, das sind viele technische Fragen. Ich will hier aber nicht so tun als wäre ich der Technik-Profi. Denn das bin ich nicht. Es gibt einige Menschen, die sich viel besser auskennen und sich tief in die Materie eingearbeitet haben.
Das Sendegate ist eine große Community-Plattform für die freie Podcast-Szene. Hinzu kommen Podcast-Coaches wie Gordon Schönwälder von den Podcast-Helden, der ohne Ende Tipps gibt. Brigitte Hagedorn hat ein Buch über Podcasting geschrieben und hat auf ihrer Website auch viele Infos. Sie hat übrigens einen Podcast, in dem Menschen mit Multiple Sklerose über ihre Erkrankung sprechen.
Wir haben in unserem SEO-Podcast demnächst Lars Stetten von RundumSichtbar zu Gast. Lars ist ein blinder Suchmaschinenoptimierer und berichtet darüber, wie er im Netz unterwegs ist und was er von einer guten Website erwartet. Solche Themen kommen echt viel zu kurz.
Audio ist ein sehr intensives Format. Das kann man sogar messen: Unsere Podcast-Episoden werden im Durchschnitt über 20 Minuten gehört. Bei meinen früheren Blog-Artikeln lag die Verweildauer häufig nur bei drei Minuten. Gerade komplizierte Themen lassen sich im Podcast besser erklären. Die Hörer bleiben dabei und lassen sich mehr darauf ein.
Zum Thema „Podcast schneiden“: Wir nehmen immer in einem Rutsch auf und verzichten aufs Schneiden. Dann sind eben in der Episode ein paar Ähs und Öhs drin – ist uns egal.
Für das Veröffentlichen in WordPress und Verteilen gibt es Podcast-Hoster wie Podigee. Hier stellen sich die beiden Gründer vor. Wir nutzen Podlove, das aus der Podcast-Szene entwickelt wurde. Jetzt habe ich doch ein paar technische Tipps gegeben 😉 Der Inhalt natürlich am wichtigsten. Ein Intro und Outro etc. ist dann schönes Beiwerk.
Was ich an deinen Fragen spannend finde: Selbst als „Online- und Social Media-Profi“ startet man ja immer wieder neu. Ich selbst stehe bei Themen wie Instagram und Snapchat immer noch auf dem Schlauch. Wie erarbeitest du dir solche neuen Digital-Themen? Wie viel Zeit nimmst du dir dafür? Machst du dir einen richtigen Plan? Suchst du dir Barcamps, Workshops oder Konferenzen?
Na, einen Menschen mit Sehbehinderung in einem SEO-Podcast zu Wort kommen zu lassen, ist doch naheliegend. Wer seine Websites barrierearm macht, macht damit auch SEO. So hab ich früher meinen Kunden das Thema Barrierefreiheit nähergebracht. Dass man Bildern Alternativtexte für Sehbehinderte geben soll, hat viele nicht interessiert. Wenn ich aber dasselbe mit Suchmaschinenfreundlichkeit begründet hab, dann waren sie sofort dabei. Die durchzuführende Maßnahme ist jedoch dieselbe…
Wie ich mir neue Plattformen oder Medien erschließe? Ich schaue mir an, wie es andere machen, die schon da sind, versuche das nachzuvollziehen, entscheide, was ich gut finde und was ich lieber anders machen möchte, und probiere dann aus. Und das evaluiere ich dann wieder, ändere ggf. was und teste das dann wieder. Und so fort.
Snapchat hat sich mir übrigens auch nie erschlossen. Aber Instagram mag ich sehr, auch wenn ich stories nicht benutze. Ich lade hauptsächlich Bilder hoch und habe darüber schon total interessante Leute kennengelernt.
Wieviel Zeit ich mir dafür nehme? Ach Du lieber Gott, das messe ich doch nicht. Ich nehme für alles soviel Zeit wie ich eben dafür brauche. Ich merke schnell, ob etwas für mich passt, oder nicht. Und wenn ich mich wo reinfuchse, dann richtig. Sobald es dann in Fleisch und Blut übergegangen ist, läuft es von allein. Als Autistin bin ich da sicher auch ein besonderes Wesen. 😉
Da fällt mir ein: Auf Facebook soll Audio gerüchteweise auch immer wieder mehr Gewicht bekommen. Bislang sind es nur Tests, aber wer weiß? Würdest du Facebook mehr nutzen, wenn es das Audioformat mehr fördern würde? Oder andere Plattformen? Tweets als Sprachnachrichten?
Ich finde, dass Audio auf praktisch allen Plattformen unterrepräsentiert ist. Auf Facebook sehe ich derzeit eher, dass vor allem Live-Videos große Reichweiten erzielen.
Derzeit posten wir auf unserer Fanpage Links zu den Folgen, diskutieren dort oder erzählen etwas zur aktuellen Folge. Den Content dort komplett hochladen – da bin ich zurückhaltend. Der Stream ist sehr flüchtig und die Abhängigkeit zu Facebook schnell groß. Unsere eigene Website ist uns heilig.
Tweets als Sprachnachrichten? Ein interessanter Gedanke. Viele verwenden ja auch bei WhatsApp nur noch Sprachnachrichten. Für dich wäre es doch eine geniale Lösung, oder? Einfach auf den Aufnahmeknopf drücken und sofort veröffentlichen. Ohne große Technik. Und welche Fragen hast du noch zum Podcasten?
Naja, ich weiß nicht… Ich bin ja noch jemand der mit Briefe (die richtigen auf Papier) Schreiben und Bücher (dito) Lesen groß geworden ist. Ich drücke mich tatsächlich schneller schriftlich aus. Meine Neffen dagegen nutzen ganz selbstverständlich Sprachnachrichten oder die Diktierfunktion am Smartphone. Für sie ist Schreiben und Lesen Arbeit. 🙂
Bei manchen Social-Media-Kontakten wäre es natürlich schön, mal die Stimme zu hören. Man kennt ja nicht jeden persönlich. Aber ein Audiofeed hat für mich dieseben Nachteile wie ein Videofeed: Ich kann ihn nicht überall anhören (es sei denn, ich hab Kopfhörer dabei), ich kann nicht scannen und springen. Und wie verlinkt man in Audio? Da brauche ich dann doch wieder geschriebenen Text dazu. 🙂
Welche Fragen ich noch habe? Wann kommt der App-Entwickler, der mir das ganze Drumrum für richtige Podcasts abnimmt? Ich will einfach nur Gespräche führen. 😉
Einfach ausprobieren – dafür war unser Gespräch vielleicht schon ein kleiner Einstieg, oder? Danke für die Einladung zu deinem Bloggespräch. Hat mir Spaß gemacht! Und vielleicht sehen oder hören wir uns bald wieder – in deinem eigenen Podcast!
Über meinen Gesprächspartner:
Benjamin O’Daniel hat Politikwissenschaft an der Uni Bonn studiert. Parallel hat er für den Bonner General-Anzeiger gearbeitet. Nach Uniabschluss und Volontariat hat er sich selbstständig gemacht und ist in die digitale Welt eingestiegen. Heute hat er mit Fabian Jaeckert zusammen eine SEO- und Content-Agentur. In ihrem „Content Performance Podcast“ geben sie ihr Praxiswissen weiter. Benjamin O’Daniel ist Lehrbeauftragter an der TH Köln im Studiengang „Online-Redakteur“.
Foto von Benjamin O’Daniel: Brigitta Leber
Avatar von Annette: tutticonfetti
Dies ist mein persönliches Blog, auf dem ich alle meine vorherigen Websites zusammengefasst habe. Daher die buntegemischten Themen: Ich führe Bloggespräche und blogge über Persönliches, Digitales und Kulturelles. Ich liebe es, Menschen zu fotografieren und mich mit Kunst zu beschäftigen. Manchmal schreibe ich auch noch was anderes als Blogbeiträge. Für andere bin ich als Wegbegleiterin in Sachen Kommunikation aktiv. Vor allem bin ich aber eins: Ein Mensch!