Hallo Jan-Peter, toll, dass Du Dich bereit erklärt hast, mit mir ein Gespräch zum Thema technisches Verständnis bei der Internetnutzung zu führen. Darauf gekommen sind wir anlässlich der Diskussion um die Erklärung des Landgerichts Düsseldorf, der Likebutton und die Social Plugins von Facebook seien rechtswidrig.
Uns beiden war gleich klar, dass das eigentlich kein Problem darstellt, da es für all das auch statische Lösungen gibt, über die Facebook nicht ungefragt Daten abgreifen kann.
Darüber hatte ich ja schon gebloggt, als 2011 Thilo Weichert gegen den Likebutton ins Feld zog. Das Problem über Zwei-Klick-Buttons wie die von Heise zu lösen, fand ich schon damals unnötig umständlich, allerdings musste man damals die statischen Buttons noch selber codieren. Du hast ja dann dankenswerterweise mit Shariff Wrapper https://de.wordpress.org/plugins/shariff/ die statische Variante massenkompatibel gemacht und entwickelst sie seither stetig weiter. Wie bist Du damals auf die Idee gekommen?
Statische Share-Buttons – also im Grunde einfache Links – sind ja wahrhaftig nichts Neues. Gute Webdesigner haben schon immer ihre eigenen passiven Buttons designed. Die Shariff-Variante wurde von Heise http://www.heise.de/ct/artikel/Shariff-Social-Media-Buttons-mit-Datenschutz-2467514.html als Nachfolger ihrer 2-Klick-Lösung entwickelt und im Dezember 2014 veröffentlicht. Diese Buttons lassen sich datenschutzkonform auf allen Webseiten einbinden – technisches Verständnis vorausgesetzt.
Da ich die Idee dahinter sehr begrüße und viel mit WordPress arbeite, war schnell der Wunsch da, diese Shariff-Buttons in ein WordPress-Plugin zu gießen. Zum einen, um den Aufwand für mich selber zu reduzieren und zum anderen, um das Ganze für die breite Masse noch attraktiver zu machen. Zum Glück stand ich mit diesem Gedanken nicht alleine da und fand schnell Anschluss an andere Entwickler, wodurch kurz darauf der Shariff Wrapper entstand. Inzwischen gibt es für viele CMS-Systeme ähnliche Plugins.
„Technisches Verständnis vorausgesetzt“ sagst Du. Meiner Erfahrung nach ist das bei vielen aber nicht so groß. Da fehlt es an den grundlegendsten Kenntnissen, wie z.B. HTML wenigstens lesen, wenn schon nicht in Grundzügen schreiben können. Das hat mich am Anfang echt geschockt. Ich hab meine ersten Websites noch per Hand gecodet. Aber klar, wer mit WordPress oder Social Media anfängt, statt mit web 1.0, der muss sich um sowas eigentlich nicht mehr kümmern. Oder doch? Wie siehst Du das? Welche Kenntnisse sollte jemand, der mit selbstgehostetem WordPress umgeht, haben?
Ich erwarte, dass derjenige ein grundsätzliche Interesse mitbringt, verstehen zu wollen, wie etwas funktioniert. Wer keine Lust hat sich mit technischen Dingen zu beschäftigen, sollte nicht selber hosten, sondern möge entweder jemanden anderen dafür bezahlen sich darum zu kümmern, oder Dienste wie Wordpress.com und Co. verwenden.
Früher oder später wird jedoch beinahe jeder feststellen, dass ein paar technische Grundkenntnisse definitiv super hilfreich sind und sei es nur um per CSS eine kleine optische Anpassung vorzunehmen. In den offiziellen WordPress-Foren gibt es viele Menschen, die jedem Anfänger gerne weiterhelfen, solange dieser bereit ist, sich selber mit der Materie auseinanderzusetzen und nicht erwartet alles sofort und für lau vorgekaut zu bekommen.
Da höre ich einiges an Frustration heraus. Kann ich aber auch verstehen. Sobald man etwas online zur Verfügung stellt, denken einige, sie könnten Ansprüche an einen stellen. Dass man da etwas kostenlos zur Verfügung stellt, in das man einiges an Wissen und Zeit investiert hat, wird von einigen gern übersehen. Wie gehst Du mit sowas um?
Fragt sich ja, ob es das überhaupt geben kann: Das perfekte digitale Produkt (App, Plattform etc.), das von vorn bis hinten intuitiv benutzbar ist, ohne dass man irgendwelche Hintegrundkenntnisse braucht. Das ist ja das, was vom sogenannten Mitmachweb immer behauptet wird. Die Realität ist jedoch weit davon entfernt, wie all die Rückfragen und Hilferufe, die ich allein in Sachen Facebook ständig bekomme, zeigen. Das ist ein ständiges work in progress. Noch so ein Punkt, mit dem viele nicht umgehen können…
Ich verweise da einfach mal auf einen aktuellen Tweet von @pixolin, der einen fantastischen Job in den WordPress-Foren macht: https://twitter.com/pixolin/status/708213365273980928.
Am Ende des Tages kann man den Leuten natürlich nur die Richtung weisen und ggf. die Tür aufhalten, aber laufen müssen sie selbst. Frei raus gesagt: Du kannst nicht alle retten.
Ein perfektes digitales Produkt suggeriert, es gäbe ein fixes Ziel, was schlicht nicht der Fall ist in meinen Augen, denn die Zeit bleibt nicht stehen. Nicht nur in der digitalen Welt unterliegen wir permanenter Veränderung, sondern immer mehr auch in unserem analogen Alltag. Um damit umzugehen hilft es ungemein, jeden Tag mit dem Gedanken aufzustehen, etwas Neues lernen zu wollen und zu akzeptieren, dass bisheriges Wissen hauptsächlich ein Wegbereiter ist, um sich Neues schneller anzueignen.
Das ist doch ein gutes Schlusswort!
Vielen Dank für das Gespräch, Jan-Peter! 🙂
Über meinen Gesprächspartner:
Jan-Peter Lambeck ist Wirtschaftspsychologe und arbeitet als Forscher & Berater bei result – Institut für digitalen Wandel. In seiner Freizeit entwickelt er unter anderem das WordPress-Plugin Shariff Wrapper, das datenschutzkonforme Share-Buttons bereitstellt.
Dies ist mein persönliches Blog, auf dem ich alle meine vorherigen Websites zusammengefasst habe. Daher die buntegemischten Themen: Ich führe Bloggespräche und blogge über Persönliches, Digitales und Kulturelles. Ich liebe es, Menschen zu fotografieren und mich mit Kunst zu beschäftigen. Manchmal schreibe ich auch noch was anderes als Blogbeiträge. Für andere bin ich als Wegbegleiterin in Sachen Kommunikation aktiv. Vor allem bin ich aber eins: Ein Mensch!
2 Antworten auf „Keine Angst vor Technik! – Annette Schwindt im Gespräch mit Jan-Peter Lambeck“
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